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Für die Region Seeland-Broye gibt es ein Online-Tool zur Vorhersage des Bewässerungsbedarfs und der Wasserressourcen. Die Plattform isb.swissrivers.ch wird täglich aktualisiert und liefert eine 10-Tages-Prognose. Dieses Tool zeigt eine Gesamtsicht, um die Wassernutzung in der Landwirtschaft unter Berücksichtigung des Gewässerschutzes zu antizipieren und zu optimieren. Im Falle von Knappheit wird ein Alarm ausgelöst, der die zuständigen Behörden und die Wassernutzerinnen und -nutzer über die aufkommende Situation informiert.

Bewässerung sichert die landwirtschaftliche Produktion

Die landwirtschaftliche Produktion im Drei-Seen-Land wird in den kommenden Jahrzehnten die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Insbesondere dürfte die Wahrscheinlichkeit von Trockenzeiten und Hitzeperioden im Sommer zunehmen. Vor diesem Hintergrund sollen mit dem Projekt «Irrigation Seeland-Broye (ISB)» Methoden und Einrichtungen für eine effizientere und robustere landwirtschaftliche Produktion gefördert werden.

Es wird ein Online-Tool zur Vorhersage des Bewässerungsbedarfs und der Wasserressourcen entwickelt, um die Wassernutzung in der Landwirtschaft zu optimieren und die Gewässer zu schonen. Mit diesem Tool erhält die zuständige Behörde einen Überblick über die Wasserressourcen von heute und morgen und kann so Bewilligungen für Wasserentnahmen besser steuern. Dieses Projekt entstand aus einer Zusammenarbeit von e-dric.ch (Ingenieurbüro), Agroscope INH und dem Verein Pro Agricultura Seeland und wird im Rahmen des Pilotprogramms «Anpassung an den Klimawandel», das vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterstützt und von den Kantonen Waadt, Freiburg und Bern getragen wird, umgesetzt.

Echtzeit-Bewässerungsprognosen sinnvoll nutzen

Die Website isb.swissrivers.ch liefert tagesaktuelle Vorhersagen zum Bewässerungsbedarf auf Gemeindeebene sowie zu Fliessgewässern und Seen der gesamten Region Seeland-Broye.

Die drei Hauptziele dieses Projekts sind:

Die Optimierung der Nutzungsbeschränkungen von Wasser basierend auf einer Vorhersage der Witterungsbedingungen. Der Wasserbedarf zur Bewässerung und die Wasserverfügbarkeit in den Gewässern werden auf bis zu 10 Tage hinaus per Simulation prognostiziert.

Die Optimierung der Wassernutzung in der Landwirtschaft. Das Wissen um den aktuellen Stand und die künftige Entwicklung der Bodenfeuchtigkeit und der Bedürfnisse der Pflanzen ermöglicht eine Abstimmung von Bewässerungsmenge und ­zeitpunkt. Die Landwirtinnen und Landwirte sollen ihren Wasserverbrauch anhand der zusätzlichen Mengenangaben eigenverantwortlich optimieren.

Die Schulung der landwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteure zur Förderung einer effizienten Wassernutzung.

Online-Tool zur Vorhersage des Bewässerungsbedarfs

Die Entwicklung des operationellen Prognose-Tools basiert auf dem technologischen und wissenschaftlichen Knowhow der Projektpartner. Dabei wurden in erster Linie bereits bestehende Entwicklungen zu einem funktionellen Produkt zusammengeführt, das der Landwirtschaft und der Verwaltung in der Region Seeland-Broye gute Dienste erweist und die folgenden Aspekte umfasst:

Darstellen des Wassergehalts im Boden mithilfe eines Simulationsmodells, das im Rahmen des europäischen Projekts ACQWA und anderen Projekten zum Bewässerungsbedarf (Agroscope, INH) entstand.

Abschätzen des potenziellen Wasserbedarfs von heute und morgen der wichtigsten Kulturpflanzen (Agroscope, INH). Integration der Berechnungsmodelle in das Modell Routing System (e-dric.ch)

Vorhersage der künftigen Verfügbarkeit von Wasserressourcen anhand des hydrologischen Modells Routing System. Das von e-dric.ch entwickelte Prognosemodell (swissrivers.ch) dient als Grundlage für die Vorhersage der Gewässer-Abflussmengen.

Verwalten von Daten und Berechnungsmodellen, Hosting eines automatischen Systems und Verbreiten von Informationen. Die Infrastruktur e-dric.ch ist bereits seit einigen Jahren operationell und umfasst die Datenbeschaffung, die Simulation sowie die Bereitstellung der Informationen auf einer CartoWeb-Plattform.

Schulen der Akteurinnen und Akteure sowie Kommunikation der neuen Arbeitsmethoden, um die Verwendung dieser Informationen zu fördern und eine optimale Nutzung der Wasserressourcen zu erreichen, wobei der Fokus auf den regionalen Akteurinnen und Akteuren (Pro Agricultura Seeland) liegt.

isb.swissrivers.ch

Auf dieser neuen Web-Plattform werden über eine dynamische Karte die entsprechenden Informationen bereitgestellt. Bei der Auswahl eines Gebiets oder eines Icons erscheinen die detaillierten Ergebnisse als Grafik. Angezeigt werden die gemessenen Abflussmengen und eine 10-Tages-Prognose (Icon «Regentropfen») sowie der Bewässerungsbedarf, die Wasserressourcen und das Gesamtdefizit auf Gemeindeebene (Polygone).

Zoom: bild_irrigation_1_grafik-verfuegbarkeit-u-nachfrage_d.png

Vergleich zwischen Wasserverfügbarkeit (Gewässer) und Wasserbedarf (Bewässerung). Knappheit entsteht, wenn der Wasserbedarf grösser ist als die verfügbaren Ressourcen.

irrigation_fig2.png

Plattform isb.swissrivers.ch. Situation am 1. August 2015.

Wenn der Wasserbedarf grösser ist als die verfügbaren Ressourcen, wird ein Alarm ausgelöst. Es wird ein Nutzungsindikator für die Einfärbung der verschiedenen Bewässerungszonen berechnet:

Grün => Die Wasserressourcen sind ausreichend um den gesamten Bewässerungsbedarf zu decken.

Orange => Die Lage ist kritisch. Die verfügbaren Ressourcen sind bald erschöpft.

Rot => Mangellage. Die Wasserressourcen reichen nicht aus, um den gesamten Bewässerungsbedarf zu decken.

Neben den hilfreichen Informationen für die tägliche Einschätzung der Bedarfslage und der Wasserressourcen kann anhand von Simulationen über mehrere Jahre hinweg eine quantitative Beurteilung der Wasserknappheit vorgenommen werden.

Fazit und Ausblick

Die Plattform isb.swissrivers.ch liefert in erster Linie quantitative Angaben: Die künftige Abstimmung zwischen Ressourcenverfügbarkeit und Wasserbedarf wird in einer 10-Tages-Prognose auf Gemeindeebene täglich neu beurteilt. Im Falle von Knappheit wird ein Alarm ausgelöst, der die zuständigen Behörden über die aufkommende Situation informiert. Diese quantitative wissenschaftliche Basis kann bei der Regulierung der Wasserentnahmen aus Flüssen beigezogen werden. Allfällige Defizite oder Reserven werden für jedes Gewässer beziffert.

Das System kann auch zu Planungszwecken ausgewertet werden. Da es sich auf eine kontinuierliche Simulation stützt, können vergangene Zeitabschnitte simuliert und verschiedene Raumplanungs- und Anbauvarianten getestet werden. So kann der Bewässerungsbedarf in trockenen und mittleren Jahren in den einzelnen Regionen beurteilt werden.

Wie bei jeder Modellierung bestehen gewisse Unsicherheiten, sodass natürliche Prozesse nicht genau reproduziert werden können. Diese Unsicherheiten stammen insbesondere aus der Repräsentativität der Verhaltensmuster, die eine Vereinfachung der Realität darstellen. Bei Wettervorhersagen sind diese Unsicherheiten anerkannt und werden von allen berücksichtigt. Ausserdem können aufgrund der Auflösung des Modells nicht alle Daten im Detail übernommen werden, sodass nicht alle Parzellen eingegrenzt oder parametriert sind. Nichtsdestotrotz kann die Repräsentativität des Systems als gut bis ausgezeichnet bewertet werden. Die Validierung des Modells verleiht den berechneten Gewässer-Abflussmengen und Wasserständen eine grosse Verlässlichkeit. Bei der Berechnung des Wasserbedarfs einer Kultur ist die Unsicherheit grösser: Der Bodentyp und seine besonderen Eigenschaften, die weder vollständig bekannt noch einheitlich sind, sowie das Entwicklungsstadium der Pflanzen oder die Bodenfeuchtigkeit werden nicht erhoben. So konnten nur allgemeine Verifizierungen des Bewässerungsbedarfs anhand von Indikatoren wie den Jahresrechnungen für das Wasserpumpen oder Extrapolationen von Trockenstressmessungen vorgenommen werden. Unter dem Strich zeigte sich, dass die Grössenordnungen im Modell gut getroffen (Fehlermarge von 10–30 %) und heikle Situationen gut herausgearbeitet wurden.

Dieses Tool bietet ein grosses Potenzial für die Steuerung der Wasserressourcen und ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz auf Ebene des Zuströmbereichs. Das System kann auch auf andere Regionen der Schweiz ausgedehnt werden.

Murielle Thomet, e-dric.ch, Lausanne
Frédéric Jordan, e-dric.ch, Lausanne
Jürg Fuhrer, Agroscope IDU, Zürich 
Johnny Fleury, BLW, Fachbereich Betriebsentwicklung, johnny.fleury@blw.admin.ch