Datenmanagment entlang der Lebensmittelkette
Das Internetportal Agate und die hierfür aufgebaute IT-Infrastruktur unterstützen das Datenmanagement entlang der Lebensmittelkette im Sinne sicherer Lebensmittel und deren Rückverfolgbarkeit seit nunmehr fünf Jahren. Zeit genug für die involvierten Stellen, die Weiterentwicklung der gesamten Systemlandschaft mit seinen Applikationen für die kommenden Jahre zu definieren und zu konkretisieren.
Systemlandschaft rund um das Internetportal Agate
Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von Landwirtschaftsbetrieben, tierhaltende Personen sowie Eigentümerinnen und Eigentümer von Tieren der Pferdegattung sind verpflichtet, gegenüber den Behörden verschiedenste Daten zu melden. Um das elektronische Melden von Daten dieser Benutzergruppen (User) zu vereinfachen, hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) das Internetportal Agate aufgebaut. Es ermöglicht seinen Usern nach einem einzigen Anmeldevorgang den Zugriff (Single-Sign-On) auf die eingebundenen Applikationen (Anwendungen), für die sie Zugriffsberechtigungen haben. Für die User sieht es so aus, als ob sie alle Daten auf dem Portal Agate eingeben würden. Hinter diesem Eingangstor stehen jedoch mehrere eigenständige Applikationen mit ihren vielfältigen Funktionalitäten zur Verfügung.
Zu nennen sind z. B. die Tierverkehrsdatenbank, HODUFLU zur Deklaration der Zu- und Wegfuhr von Nährstoffen wie Gülle, Mist, Kompost auf einen Betrieb oder die kantonalen Applikationen zur Verwaltung der Direktzahlungen und weitere benötigte Daten für statistische Zwecke oder die Tierseuchenbekämpfung.
Diese Applikationen werden jedoch zusätzlich auch von den Mitarbeitenden der berechtigten Kantons- und Bundesstellen oder beauftragten Dritten für ihre Aufgabenerfüllung genutzt. Auch sie können vom Zugriff mittels Single-Sign-On profitieren. Diesen Verwaltungsstellen stehen nebst den obgenannten User-Applikationen weitere, ausschliesslich verwaltungsintern genutzte Anwendungen zur Verfügung. Aufzuführen sind beispielsweise Systeme wie das Agrarpolitische Informationssystem (AGIS) des BLW oder das Geschäftsverwaltungstool für das Veterinärwesen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Die Datennutzung über die Applikationsgrenzen hinweg und das Internetportal Agate wurden im Agrarbericht 2015 (Agrardaten, Agate) ausführlich dargestellt.
Das Internetportal Agate ist Bestandteil der Systemlandschaft und der damit verbundenen IT-Infrastruktur, die neben dem Vollzug der Landwirtschaftsgesetzgebung auch dem Zweck der Lebensmittelsicherheit dient.
Weiterentwicklung der Systemlandschaft
Die Strategie Agrardatenadministration und Lebensmittelkette-Sicherheit (ASA LMK S) wurde basierend auf bereits verfügbaren Dokumenten , Workshops mit den Benutzergruppen sowie den gemachten Erfahrungen in fachlicher und technischer Hinsicht aus fünf Jahren Betrieb für den Zeithorizont 2016–2020 erarbeitet.
Die Analyseergebnisse zeigten, dass für die Strategie ASA-LMK-S 2016–2020 eine Weiterentwicklung des bisherigen Systems sinnvoll ist. Ausschlaggebend für diesen Befund waren die Performance des aktuellen Systems (Portal Agate), die Einschätzung und die Bedürfnisse der verschiedenen Benutzergruppen sowie die bestehenden Abhängigkeiten unter den Applikationen. Unter Abhängigkeiten ist die Vernetzung zwischen Bundes- oder bundesnahen Applikationen sowie mit kantonalen Systemen zu verstehen.
Für die Strategie ASA-LMK-S 2016–2020 wurden die nachfolgenden Leitideen formuliert:
Die Systemlandschaft ASA-LMK-S (inkl. Portal Agate) bildet für den Bund, die Kantone und die Privatwirtschaft ein nationales Informationssystem (Systemverbund), das die Bereiche Landwirtschaft, Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (3 A: agriculture, animaux, aliments) umfasst.
Es ermöglicht primär den effizienten Vollzug der entsprechenden Bundesgesetzgebungen.
Das Portal bringt den Usern einen Mehrwert bezüglich benutzerspezifischer Information, der sicheren Nutzung der eigenen Daten sowie der von ihnen kontrollierten einfachen Datenweitergabe.
Das Portal und die Teilnehmersysteme sind einfach nutzbar – bei Problemen hilft eine gut funktionierende Supportorganisation.
Die Infrastruktur und das Portal müssen stabil und leistungsfähig sein.
Diese Leitideen wurden letztlich auf die nachfolgenden sechs Handlungsfelder heruntergebrochen:
Handlungsfeld 1 – ein System für die ganze Lebensmittelkette:
Die Systemlandschaft ASA-LMK-S wird weiterhin auf die gesamte Lebensmittelkette ausgerichtet. Zusätzlich sollen bereits existierende Applikationen auch ausserhalb der Lebensmittelkette mitbenutzt werden können. Ein Beispiel sind Tierschutzkontrollen bei «Heimtieren» zusammen mit den «Nutztieren» im gleichen System in ASA-LMK-S.
Der verwaltete Datenumfang in ASA-LMK-S beschränkt sich auf Daten, die für den Vollzug der Bundesgesetzgebung nötig sind. Die Verwaltung privater Daten ist nicht eingeschlossen.
Handlungsfeld 2 – kleine Schritte mit kontinuierlicher Verbesserung:
Die Anbindung von neuen Applikationen erfolgt schrittweise und ist abhängig von den verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen bei den betroffenen Stellen.
Das Gesamtsystem soll für neue Aspekte offen sein und Bestehendes weiter optimiert werden.
Handlungsfeld 3 – von der dezentralen Datenerfassung zum Masterdatenkonzept:
Die dezentrale Datenerfassung, z. B in den Kantonssystemen, wird beibehalten. Sie bedingt aber gewisse Voraussetzungen, damit die Datenqualität und Datenaktualität den Ansprüchen genügt. Die strikte Umsetzung eines zu erarbeitenden Masterdatenkonzeptes stellt eine Grundvoraussetzung hierzu dar. Darin soll geregelt werden, wer für die Ersterfassung und die spätere Pflege der einzelnen Dateninhalte (z. B. Adressen, Telefon, E-Mail) verantwortlich ist und wie dies geschieht. Ergänzend müssen die benötigten Schnittstellen für die optimale Datennutzung definiert werden, um eine redundante Datenerfassung möglichst zu vermeiden.
Handlungsfeld 4 – Agate als Kommunikations- und Informationsdrehscheibe:
Das Portal Agate soll künftig neben der prioritären Funktion der Benutzerauthentifizierung für die Applikationen aus ASA-LMK-S auch verstärkt als Kommunikations- und Informationsplattform eingesetzt werden, um den Nutzen für die User weiter zu steigern.
Handlungsfeld 5 – Daten einmal erfassen – Daten mehrfach nutzen:
Die Daten des öffentlich-rechtlichen Bereichs (z. B. AGIS) werden von den verschiedenen Bundesstellen bereits breit genutzt. Das Motto «Daten einmal erfassen – Daten mehrfach nutzen» ist auf Bundesebene etabliert.
Hingegen fehlt applikationsmässig die Möglichkeit zur einfachen Datennutzung für private Zwecke bzw. für die gezielte Datenweitergabe an Dritte mit dem Einverständnis der Bewirtschafterin oder des Bewirtschafters.
Über die Entwicklung von entsprechenden Funktionalitäten und die Bereitstellung von standardisierten Datenschnittstellen soll die Situation massgeblich verbessert werden.
Handlungsfeld 6 – Optimale Unterstützung des Portalnutzers:
Die Nutzungsmöglichkeiten und der Einsatz moderner Technologien (mobile Geräte, Cloudcomputing) sind sowohl aus technischer wie auch fachlicher Sicht zu prüfen und – wo gewinnbringend – umzusetzen.
Dabei soll die Verwendung von Standardprodukten aus Kostengründen bevorzugt werden.
Eine gut organisierte Supportorganisation soll die User und Verwaltungsstellen bei Problemen mit optimalen Dienstleistungen unterstützen.
Die Handlungsfelder zeigen den nötigen Bedarf an weiteren konzeptionellen Arbeiten auf und stellen zugleich auch Leitplanken für Entscheide oder Orientierungshilfen im operativen Geschäft dar.
Die Strategie ASA-LMK-S 2016–2020 beinhaltet auch die Periode nach 2020. Aus den konzeptionellen Arbeiten im Strategiehorizont 2016–2020 können sich Anpassungen auch rechtlicher Natur ergeben, die aufgrund des benötigten Vorlaufs erst ab 2022 greifen könnten. Aktuell wird davon ausgegangen, dass das Datenmanagement entlang der Lebensmittelkette in der Periode nach 2020 einen neuen, grösseren Entwicklungsschub erfahren könnte. Es ist hierbei denkbar, dass in diesem Zeithorizont die heutigen Systeme oder Teile davon durch eine nächste Generation abgelöst werden. Im Vordergrund sollte jedoch nicht die Technologie stehen, sondern die Geschäftsprozesse und die Anforderungen der verschiedenen beteiligten Kreise stehen (IT follows strategy).
Manfred Tschumi, BLW, Fachbereich Agrarinformationssysteme, manfred.tschumi@blw.admin.ch
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